Grundzüge des spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts

Da sich immer mehr Deutsche in Spanien niederlassen und dort auch Grundbesitz erwerben, gewinnen die steuerlichen Fragen zu deutsch-spanischen Erbfällen zunehmend an Bedeutung.

1. Umfang der Steuerpflicht

Der Umfang der Steuerpflicht hängt davon ab, ob der Erwerber des Vermögens in Spanien unbeschränkt oder beschränkt Steuerpflichtig ist. Anknüpfungspunkt ist der gewöhnliche Aufenthalt des Erwerbers, d.h. auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers oder des Schenkers kommt es nicht an. Irrelevant ist des Weiteren auch die Staatsangehörigkeit des Erwerbers und des Erblassers/Schenkers.

a) Unbeschränkte Steuerpflicht

Eine unbeschränkte Steuerpflicht in Spanien besteht dann, wenn der Erwerber dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, d.h., sich dort mehr als 183 Tage eines Kalenderjahres aufhält. Der Aufenthalt muss gewöhnlich sein, d.h., die Person muss dort ihren Lebensmittelpunkt haben. Unabhängig davon, ob ein Aufenthalt von mehr als 183 Tagen gegeben ist, ist von einem gewöhnlichen Aufenthalt dann auszugehen, wenn sich dort der Schwerpunkt der unternehmerischen oder beruflichen Tätigkeit befindet.

Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt und somit eine unbeschränkte Steuerpflicht zu bejahen, so hat dies zur Folge, dass das gesamte erworbene Vermögen der spanischen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer unterliegt. Der spanischen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer unterliegt dann sowohl das in Spanien als auch das z.B. in Deutschland belegene Vermögen.

b) Beschränkte Steuerpflicht

Hat der Steuerpflichtige keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien, so ist er beschränkt steuerpflichtig. Nur der Erwerb von Inlandsvermögen unterliegt dann der spanischen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Eine abschließende Regelung darüber, was alles Inlandsvermögen ist, gibt es nicht. Hierunter fällt u.a. folgendes Vermögen:

  • Grundstücke, die in Spanien belegen sind
  • Bewegliche Gegenstände, die nicht nur vorübergehend mit einem in Spanien belegenen Wohnraum, Grundbesitz oder Unternehmen verbunden sind
  • Forderungen gegenüber Personen oder Einheiten, sofern sie nach spanischem Privatrecht eingegangen sind, z.B. Bankguthaben, die bei einem in Spanien ansässigen kontoführenden Bankinstitut geführt werden.
  • Dingliche Rechte an unbeweglichem Vermögen (Hypotheken),

2. Die spanische Erbschaft und Schenkungsteuer und die Diskriminierung der in Spanien nicht ansässigen Steuerpflichtigen

Bislang unterlag der in Spanien nicht ansässige Erbe oder Schenkungsnehmer einer deutlich höheren Belastung als derjenige Erbe oder Schenkungsnehmer, der in Spanien seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die regional festgelegten höheren Freibeträge oder sonstigen Vergünstigungen wie z.B. der Balearen konnten daher nur diejenigen Erwerber geltend machen, die in Spanien ansässig waren. Nachdem der EuGH nunmehr durch Urteil vom 3. September (Rechtssache C-127/12) festgestellt hat, dass diese unterschiedliche Behandlung der in Spanien ansässigen und nicht ansässigen Erwerber eine Diskriminierung der letzteren darstellt, hat Spanien schnell reagiert und das spanische Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht an die Vorgaben des EuGH angepasst. Die Änderungen des spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes wurden in das Gesetzespaket der Steuerreform, Gesetz 26/2014 vom 27. November, veröffentlicht im staatlichen Anzeiger (BOE) NR. 288 am 28. November 2014, aufgenommen, das ab dem 1. Januar 2015 Anwendung findet.

Die zweite Zusatzbestimmung zum spanischen Erbschaft-und Schenkungsteuergesetz sieht vor, unter welchen Voraussetzungen (auch) die nicht residenten Erwerber die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer abweichend von den allgemeinen staatlichen Bestimmungen des Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerrechts nach den Sonderregelungen der Autonomen Gemeinschaften berechnen dürfen:

1a.- Hatte der Erblasser keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien aber in einem anderen europäischen Mitgliedstaat, können auch die in Spanien nicht residenten Erben oder Vermächtnisnehmer die Sonderregeln der Erbschaftsteuer der Autonomen Region anwenden, in dem sich die unbeweglichen und/oder beweglichen Nachlassgegenstände mit dem höchsten Wert befinden.

Beispiel 1: Der Erblasser war in Deutschland ansässig. Er war Eigentümer einer auf den Balearen gelegenen Immobilie mit einem Verkehrswert von 1 Mio. Euro und einer in Katalonien gelegenen Immobilie mit einem Verkehrswert von 500.000,00 Euro.

Der ebenfalls in Deutschland residente Erbe kann für die Berechnung der Erbschaftsteuer, die er in Spanien für den Erwerb beider Immobilien zu zahlen hat, die Sonderregelungen der Erbschaftsteuer der Balearen heranziehen, weil sich dort die Immobilie mit dem höchsten Wert befindet. Dies bedeutet, dass der nicht residente Erbe auf die ermittelte Steuerschuld eine Vergünstigung von 99% geltend machen kann.

b.-Befinden sich keine Nachlassgegenstände in Spanien, findet die Sonderregelung der Autonomen Region Anwendung, in dem der Erbe oder Vermächtnisnehmer ansässig ist.

Beispiel 2: Der Erblasser war in Deutschland ansässig. Sein Vermögen bestand aus in Deutschland gelegenen Immobilien und Sparguthaben. Die Tochter lebt seit Jahren auf Mallorca. Die Tochter ist in Spanien unbeschränkt steuerpflichtig. Dies bedeutet, dass das in Deutschland gelegene Nachlassvermögen der spanischen Erbschaftsteuer unterliegt. Da sie auf Mallorca lebt, kann sie die zu zahlende spanische Erbschaftsteuer nach den Sonderregelungen der Balearen berechnen. Auch sie kann daher auf die ermittelte Steuerschuld eine Vergünstigung von 99% geltend machen.

2.- Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien, so können die in Spanien nicht residenten Erben oder Vermächtnisnehmer, die in einem anderen europäischen Mitgliedstaat ansässig sind, die Sonderregelung der Autonomen Region anwenden, in denen der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes ansässig war. Eine Unterscheidung zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen erfolgt nicht.

Abwandlung zu Beispiel 1: Der Erblasser war zum Zeitpunkt seines Todes auf Mallorca ansässig. Er war Eigentümer einer auf den Balearen gelegenen Immobilie mit einem Verkehrswert von 1 Mio. Euro und einer in Katalonien gelegenen Immobilie mit einem Verkehrswert von 500.000,00 Euro. Der Erbe kann für die Ermittlung der in Spanien zu zahlenden Erbschaftsteuer die Sonderregelungen der Balearen heranziehen, so dass auch er die Vergünstigung von 99% geltend machen kann.

3.a.- Wird eine in Spanien belegene Immobilie durch unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden (z.B. Schenkung) auf jemanden übertragen, der zwar nicht in Spanien aber in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, können die Schenkungsnehmer für die Berechnung der Schenkungsteuer die Sonderregelungen der Autonomen Region heranziehen, in denen die geschenkte Immobilie liegt.

Beispiel 3: Der Vater überträgt seinem Sohn eine auf Mallorca gelegene Immobilie. Der Sohn lebt in Deutschland. Der Sohn kann daher die Schenkungsteuer nach den Sonderregelungen der Balearen berechnen, so dass er ebenfalls eine Vergünstigung von 99% geltend machen kann. Unerheblich ist der Ort der Ansässigkeit des Vaters.

b.- Der in Spanien residente Schenkungsnehmer kann die Sonderregelungen der Autonomen Region heranziehen, in der er ansässig ist.

Abwandlung zu Beispiel 3: Der Sohn lebt in Katalonien. Er kann somit zur Berechnung der Schenkungsteuer die Sonderregelungen von Katalonien heranziehen.

c.- Werden in Spanien gelegene bewegliche Gegenstände durch unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden (z.B. Schenkung) auf jemanden übertragen, der nicht in Spanien aber in einem anderen europäischen Mitgliedstaat resident ist, kann der Schenkungsnehmer für die Berechnung der zu zahlenden Schenkungsteuer die Sonderregeln der Autonomen Region heranziehen, in denen sich die Gegenstände in den letzten fünf Jahren am längsten befunden haben.

Beispiel 4: Der auf Mallorca lebende A schenkt seinem in Deutschland lebenden Sohn sein auf einem Konto einer spanischen Bank mit Sitz auf Mallorca vorhandenes Sparguthaben. Zugleich hat er ein weiteres Sparguthaben auf einem Konto einer spanischen Bank auf den Kanaren, Dieses Sparkonto hatte er erst vor ca. 1 Jahr angelegt. Die Schenkungsteuer berechnet sich nach den Sonderregelungen der Balearen, so dass der Schenkungsnehmer ebenfalls die Vergünstigung geltend machen kann.

Ferner sieht der Entwurf Bestimmungen vor, nach denen die Ansässigkeit in einer bestimmten Region der in Spanien residenten Erwerber zu beurteilen ist.

Schließlich sieht das Gesetz eine Regelung für die Verteilung der Schenkungsteuer auf verschiedene Autonome Regionen vor, wenn in einer Urkunde derselben nicht residenten oder residenten Person bewegliche oder unbewegliche Gegenstände geschenkt werden, die sich in verschiedenen Regionen befinden.

Die deutliche Entlastung der in Spanien nicht ansässigen Erwerber von Todes wegen oder durch unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden wird dazu führen, dass viele Gestaltungsvarianten, die bislang für die Reduzierung oder Vermeidung der spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuer entwickelt worden sind, neu überdacht werden müssen.

Von dieser Entlastung werden nicht nur die zukünftigen nicht residenten Erwerber profitieren, sondern auch diejenigen, die in den letzten vier Jahren entweder etwas geerbt oder geschenkt bekommen haben. Diese Erwerber können eine Nachberechnung der gezahlten Steuer vornehmen und die Erstattung des zu viel gezahlten Betrages beantragen.

Die Auswirkung der Europäischen Erbrechtsverordnung auf deutsch-spanische Erbfälle

Die grenzüberschreitenden Erbfälle sind infolge der wachsenden Mobilität der Bürger keine Seltenheit. Demnach nimmt auch die Bedeutung der Nachlassplanung und Abwicklung von Nachlässen im Bereich des deutsch-spanischen Rechtsverkehr zu.

Eine für deutsch-spanische Nachlassfälle wichtige Änderung sieht die am 4. Juli 2012 verabschiedete Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO/VO Nr. 650/2012 des Europäischen Parlamentes und des Rates) vor, die am 6. August 2012 in Kraft getreten ist und für Erbfälle gilt, die ab dem 17. August 2015 eingetreten sind.

Die Grundregel lautet, dass sich die Rechtsnachfolge, nach dem Recht des Staates richtet, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Deutsche, der in Spanien auf seiner Finca lebt, wird daher, wenn er am 17. August 2015 gestorben ist oder später verstirbt, nach spanischem Erbrecht beerbt. D.h., auf die Staatsangehörigkeit kommt es grundsätzlich nicht mehr an. Dies bedeutet, dass sich deutsche Immobilienbesitzer, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien haben oder dort sich zur Ruhe setzen möchten, mit dem spanischen Erbrecht auseinandersetzen müssen. Dies gilt umgekehrt selbstverständlich auch für den Spanier mit gewöhnlichem Aufenhalt in Deutschland. Der Spanier mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland wird sich mit dem deutschen Erbrecht vertraut machen müssen.

Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes wird in der EuErbVO nicht definiert. Die Erwägungsgründe, die den Bestimmungen der EuErbVO vorangestellt sind, bieten gewisse Hilfestellungen. Es ist eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vorzunehmen. Von Bedeutung kann der Umstand sein, in welchem Staate sich in familiärer und sozialer Hinsicht der Lebensmittelpunkt des Erblassers befand oder aber in welchem Staate sich seine Vermögensgegenstände befinden.

Die Formulierungen zeigen, dass die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes durchaus schwierig werden kann, z.B. wenn der Erblasser regelmäßig zwischen Deutschland und Spanien pendelt oder sich zwar in Spanien zur Ruhe gesetzt hat, seine sozialen und familiären Kontakte nach Deutschland regelmäßig pflegt, indem er nach Deutschland reist oder in Spanien Besuche empfängt.

Der deutsche Immobilienbesitzer kann die Anwendung des spanischen Erbrechts aber ausschließen, wenn er z.B. durch Testament eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Staates trifft.

Testamente oder sonstige letztwillige Verfügungen, die vor dem 17. August 2015 errichtet worden sind, genießen unter bestimmten Voraussetzungen Bestandsschutz. Das spanische Erbrecht weist indes erhebliche Unterschiede zum deutschen Erbrecht auf. Daher empfiehlt es sich, die bislang errichteten letztwilligen Verfügungen überprüfen zu lassen und sie ggfs. der Europäischen Erbrechtsverordnung anzupassen oder aber eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts zu treffen.